Oktober 20, 2022

Realität ist relativ

Realität ist relativ – eine gewagte These?
Wie real ist Realität?
Ist Realität eine Illusion?
Welche Realitäten gibt es?

Okay: Realität ist subjektiv.

Wie kann es Wahrheit geben, wenn die Definition von Wahrheit subjektiv ist?

Was ist Wahrheit? 42?

Wie kann es Recht geben? Ist nicht die Wahrnehmung von Recht und Unrecht ebenfalls subjektiv?

Was ist Richtig, und was ist Falsch? Eine subjektive Interpretation? 

Wie kann es gut oder böse geben, wenn nicht ebenfalls durch subjektive Interpretation?

Woher kommen diese subjektiven Interpretationen die unsere Realität formen?

Sie sind der Mittelwert der Glaubenssätze die wir von vielen uns beeinflussenden Personen oder durch kulturelle, religiöse oder gesellschaftliche Konventionen übernommen haben. Sozusagen der gesellschaftliche Konsens.

Warum spreche ich dann von subjektiv?

Auch wenn es oft einen gesellschaftlichen Konsens über bestimmte Themen in der jeweiligen Kultur gibt, in der wir uns im jeweiligen Moment bewegen, ist die Bewertung am Ende immer noch eine Sache, die jeder Mensch selber vornimmt. Realität ist also relativ.
Frag drei Personen wie sie eine Party erlebt haben und drei Personen werden drei unterschiedliche Geschichten erzählen.
Zwei Personen können die gleiche Situation komplett unterschiedlich bewerten.
Ja sogar ganze Kulturen können auf das gleiche Thema eine komplett andere Sichtweise haben.

Werden Dinge nicht erst in dem Moment gut oder schlecht, richtig oder falsch etc., wo wir sie interpretieren und bewerten?
Werden Dinge nicht genau im Moment unserer Interpretation erst zur Realität – unserer Realität?

Eine Realität die relativ ist im Vergleich zu der Realität die andere Menschen empfinden?

Können wir die Dinge auch komplett anders sehen?
Würden andere Menschen die gleiche Situation unter Umständen ganz anders sehen?

In einem Buch das ich gelesen habe ging es darum, dass eine Gruppe Menschen einer älteren Kultur daran glaubte, dass Sünder beim Feuerlauf sterben werden, während Menschen ohne Sünde unbeschadet über das Feuer gehen können. Spannend fand ich den Absatz, dass die Menschen in dieser Kultur ihre Feinde enthaupten um ihren Stamm zu schützen, wenn sich diese an den Stamm anschleichen wollen. Dies wurde in ihrem Kulturkreis jedoch nicht als Böse oder Sünde angesehen.

Und ich kenne noch mehr Beispiele, die aus Sicht des Weltbildes der jeweiligen Personen, für diese teilweise logisch waren, auch wenn sie für aussenstehende ein NoGo darstellen.

Sind also alle Dinge die wir als Böse empfinden auch wirklich immer Böse?
Oder kann es sein, dass nicht alles was wir als Böse empfinden auch böse ist?

In welchem Gedankengefängnis leben wir? 
Und was tun wir ggf. oder was tun wir nicht, weil wir es bewerten oder aus Angst dass andere es bewerten könnten?

Welche Mauern haben wir durch Erlebtes oder durch anerzogene „Moral“ und „Ethik“ erbaut / erbauen lassen, sodass wir in Gedanken Schmerz oder Angst empfinden, wenn wir durch diese „Feuerbarriere“ schreiten müssten?

Als Beispiel eine Geschichte, die eine gute Bekannte von mir vor Jahren durchlebte:
Die Realität von Stefanie war es, dass sie sich nicht von ihrem Mann trennen „durfte“.
Er tat ihr nicht gut. Sie war unglücklich.
In ihren Augen hatte sie es verdient, dass er sie schlecht behandelte.
In seinen Augen war sie eine schlechte Ehefrau, weil sie sich selbst verwirklichen und sich ihrem Mann nicht unterordnen wollte.
Beide begründeten ihre Realität mit Glaubenssätzen, die durch ihre religiöse Familie und Dorfgemeinschaft mit 800 Seelen geprägt worden waren. Glaubenssätze die ihr suggerierten, dass sie eine schlechte Ehefrau sei, wenn sie sich selbst verwirklichen und nicht dem Mann unterordnen würde. Und dass Menschen die sich von ihren Partnern trennen in der Dorfgemeinschaft „geächtet“ gehören. …

In ihrer Welt, ihrer Realität machte das absolut Sinn. Sie kannten es nicht anders. Und auch wenn es für den Aussenstehenden komplett einfach und logisch erscheinen mag … war die Sichtweise die Aussenstehende hatten, dass es auch anders sein kann, für die beiden aufgrund ihrer Weltsicht nur schwer nachvollziehbar.


Vor kurzem habe ich eine geniale Aussage in meiner Trainingsgruppe gehört. 

Sprache definiert unsere Realität.
Sprache ist der Spiegel zu unserer inneren Repräsentation dessen, was wir als Realtität empfinden.

Kommunikation ist stetige Selbstoffenbarung. 

Mit allem was wir sagen oder tun, legen wir Teile von uns offen. 

Was und wie andere über uns reden, sagt mehr über sie aus als über uns

Ernst Ferstl (Wikipedia)

In der Konsequenz ist natürlich klar, dass was und wie WIR über andere reden, dies mehr über uns aussagt, als über den jeweils anderen.

Spannend finde ich dazu den Gedanken den eine gute Freundin mir nahe gebracht hat:

Wir dürfen aufpassen, dass wir bei der Beurteilung eines Eregnisses / einer Person / des Handelns einer Person, wir diese betrachten wie sie ist und es nicht mit dem Bild des Ereignisses / der Person, das wir in uns von diesem Ereignis / dieser Person erstellt haben, verwechseln.

Es öffnet den Raum, in jede Handlung Gutes oder Negatives, richtiges oder falsches rein zu deuten.

Vom Besten oder vom Schlechtesten auszugehen / zu unterstellen.

Gibt es Situationen in eurem Leben, die euch zu schaffen machen?
Wenn Realität relativ ist und erst durch unsere Interpretation zu unserer eigenen Realität wird:
Wie würde sich die Situation für euch verändern, wenn ihr die Beweggründe verstehen würdet?
Wie wenn ihr verstehen würdet, wie es dazu kommen konnte?
Wenn ihr die Motivation des Gegenübers und seine Rückschlüsse, die in der logischen Konsequenz in seiner Weltsicht nur zu diesem bestimmten Verhalten führen konnten, verstehen könntet?

Wir dürfen lernen, unserer Wahrnehmung von Realität achtsam zu begegnen, zu reflektieren und uns zu fragen „Ist das wirklich so“. Bevor wir unreflektiert reagieren. Siehe dazu auch Wir ernten, was wir säen

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